Bakterienunverträglichkeit
In der letzten Zeit wird, zu meiner Freude, immer häufiger die sogenannte "Bakterienunverträglichkeit" thematisiert. Allerdings gibt es da immer wieder Mißverständnisse. Damit möchte ich gern ein wenig aufräumen.
Was ist eine Bakterienunverträglichkeit?
Guppyhalter und Züchter können ein Lied davon singen: man hat einen gesunden, fidelen Stamm Guppies im heimischen Aquarium schwimmen.
Dann kauft man einige Tiere, die ebenfalls gesund aussehen, dazu und setzt diese ohne Quarantäne in das heimische Aquarium. Nach einem oder zwei Tagen setzt plötzlich das große Sterben ein. Es sterben wahlweise nur die neuen, nur die alten oder alle Tiere. Auffällig dabei: die toten Tiere weisen oft blutunterlaufene Stellen am Körper auf.
Was geschieht da?
Alle Aquarien weisen einen ganz spezifischen, eigenen Bakterienstamm (oder auch Bakterienmix) auf. Diese Bakterien machen nicht krank, nicht dass hier Missverständnisse aufkommen! Bakterien haben unterschiedlichste Funktionen, wie z.B. die Umwandlung von Nitrit zu Nitrat. Jeder Körper beherbergt eine Unzahl an "guten" und "schlechten" Bakterien.
Das Immunsystem stellt sich auf alle diese Bakterien ein. Es kommt immerzu mit einer kleinen Anzahl diverser Bakterien in Berührung, speichert deren "Signatur" und entwickelt Antikörper dagegen.
Nun gibt es Fische, die entweder (wie Guppies) unter hohen Zugaben von Antibiotika herangezogen werden und deren Immunsystem deshalb völlig untrainiert ist. Oder aber, wie z.B. die Wildfänge der Rhinogobius zhoui, die Tiere wachsen unter sehr sauberen Bedingungen heran (Quellwasser, kaum andere Fische etc.) und das Immunsystem ist deswegen untrainiert.
Kommt nun dieses Immunsystem mit fremden Bakterien in großer Zahl in Berührung, so ist es völlig überfordert. Es mobilisiert so viele Antikörper, dass diese nicht mehr so wirklich zwischen gut und böse unterscheiden. Bei Allergien spricht man hier von einem anaphylaktischen Schock. Die Reaktionen bei einer Bakterienunverträglichkeit gleichen diesem sehr. Das Immunsystem wendet sich gegen den eigenen Körper, es kommt zu diversen Reaktionen, die den Kreislauf überfordern und am Ende tödlich wirken.
Was tun, wenn der Gau bereits eingetreten ist?
Hat man Tiere zugekauft und gleich ins heimische Aquarium eingesetzt und man bemerkt die ersten Symptome
- evtl. der 1. tote Fisch mit blutunterlaufenen Stellen
- die anderen Tiere sind sehr unruhig, schießen durchs Aquarium
- die Fische suchen immer wieder die Oberfläche, atmen heftig
- Flossenklemmen
sollte man zunächst sofort sehr große Wasserwechsel machen. Mindestens 80% des Wassers muss getauscht werden und dies ab sofort täglich, bis die Symptome abgeklungen sind.
Unterstützend kann man ein Bakterizid ins Wasser geben (Sera Baktopur, JBL ectol bac etc.), um den/die Auslöser zu minimieren. Hier gilt natürlich, dass man nach dem Wasserwechsel immer wieder nachdosieren muss.
Die Zugabe eines Bakterizids entbindet nicht vom Wasserwechsel. Dieser ist die eigentliche, essenzielle Maßnahme.
Wie kann ich eine Bakterienunverträglichkeit vermeiden?
Viel besser, als die Tiere im Aquarium zu behandeln, ist es natürlich, eine solche Reaktion gar nicht erst auftreten zu lassen. Dies ist, mit einfachen Mitteln, durchaus möglich.
Man sollte neu gekaufte Fische grundsätzlich zunächst in Quarantäne setzen. Ein Quarantänebecken wird immer frisch aufgesetzt, ohne Animpfen mit Mulm aus alten Becken. Auch darf das Becken, wenn dort bereits einmal Fische drin waren, nicht wieder verwendet werden, ohne daß es vorher ordentlich gereinigt und desinfiziert wurde.
Der Grund liegt nahe: waren bereits Fische im Becken, haben diese natürlich ihre Bakterienstämme dort hinterlassen. Diese bleiben dann zum großen Teil auch erhalten, wenn die Fische nicht mehr im Becken sitzen.
Um sich die Reinigung eines Quarantänebeckens zu erleichtern, richtet man dieses also sehr minimalistisch ein: kein Bodengrund, ein mobiler Filter, Deckung nur durch eingestelltes Material wie z.B. Schwimmpflanzen.
Die neu gekauften Fische werden nun also in dieses Quarantänebecken mit frischem Wasser gesetzt. Hier wird auch nur ganz sparsam gefüttert, um einen Nitritanstieg zu verhindern. In diesem Becken muss natürlich, wegen der fehlenden Einlaufphase, häufiger Wasser gewechselt werden.
Um nun die neuen und alten Fische aneinander anzugleichen, nimmt man täglich aus dem einen Becken ein wenig Wasser und gibt es in das andere Becken. Wechselweise natürlich, also immer aus dem einen ins andere und aus dem anderen ins eine Becken. Die Dosis wird über einen Zeitraum von 2-3 Wochen langsam gesteigert. So bekommt das Immunsystem der Tiere die Gelegenheit, sich ganz langsam an die neuen Gegebenheiten anzupassen.
Nach etwa 3 Wochen kann man dann die neuen Tiere ohne Gefahr zu den alten Tieren setzen.
Der Vorteil bei dieser Methode liegt u.A. auch darin, daß man in dieser Zeit auch gleich alle anderen Krankheiten, die die Neulinge evtl. mitgebracht haben, erkennt und behandeln kann und so nicht gleich der gesamte Bestand gefährdet wird.
Was man nicht tun sollte!
Um gleich einigen Missverständnissen vorzubeugen:
Man sollte die Tiere im Quarantänebecken NICHT vorsorglich mit einem Breitbandmedikament behandeln! Eine Bakterienunverträglichkeit ist keine Krankheit, der man mit Medikamenten vorbeugen kann. Die Erklärung oben sollte klar machen, dass es sich hierbei nicht um etwas infektiöses handelt.
Auch sind die Händler nicht Schuld an diesem Desaster (bei Guppies), sondern der Endkunde, der die Fische immer billiger kaufen will und deswegen die Züchter dazu zwingt, die Tiere immer enger zu halten und diese deswegen mit Antibiotika aufzuziehen. Auch das sollte einmal bedacht werden.